Geschichte

 

Der Lehrstuhl Allgemeine Werkstoffeigenschaften (WW I) wurde am 09. August 1965 als der erste von damals sechs geplanten Lehrstühlen in den Werkstoffwissenschaften mit der Berufung von Prof. Dr. rer. nat. Bernhard Ilschner gegründet. Ilschner war ein „Schüler“ von Prof. Peter Haasen vom renommierten Institut für Metallphysik der Universität Göttingen. Damit war der Lehrstuhl WW I einer der ersten Lehrstühle der neugegründeten und im Jahre 1966 offiziell eröffneten Technischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität. Im Jahre 1984 übernahm Prof. Dr. rer. nat. Haël Mughrabi, der vom Max-Planck-Institut für Metallphysik aus Stuttgart kam, die Leitung des Lehrstuhls. Die bis dato eingeführten Forschungsschwerpunkte Festigkeit und Struktur einschließlich der zugrundeliegenden Verformungsmechanismen wurden weitergeführt, und neue Themengebiete, wie die Kristallplastizität, die Dauerschwingfestigkeit und die Röntgenanalyse kamen hinzu. 2002 wurde Prof. Dr. rer. nat. Mathias Göken zum Lehrstuhlinhaber ernannt. Prof. Göken hat seine Promotion am Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf bei Prof. Neumann angefertigt. Er war dann an der Universität des Saarlandes bzw. Stanford University im Bereich der Nanomechanik/Rasterkraftmikroskopie tätig und nanomechanische Testverfahren wurden zu einer wichtigen Ergänzung makroskopischer mechanischer Prüfverfahren in fast allen Themenfeldern des Lehrstuhls WW1.

Die Tätigkeitsschwerpunkte des Lehrstuhls konzentrieren sich, damals wie heute, auf die Erforschung der Mikrostruktur-Eigenschaftskorrelation von Werkstoffen und Materialsystemen. Dabei standen und stehen immer noch sowohl grundlegende mechanistische Fragestellungen im Fokus, als auch stärker anwendungsbezogene Fragestellungen der Legierungsentwicklung und der Auswirkung von Prozessparametern auf die Werkstoffeigenschaften. Insbesondere die Entwicklung eines mechanismenbasierten Verständnisses des Werkstoffverhaltens bei verschiedensten Belastungsbedingungen und davon abgeleitet eine zielgerichtet Verbesserung der Werkstoffe und Materialsysteme stellt die über die Jahre aufgebaute Kernkompetenz des Lehrstuhls dar. Das Spektrum der Werkstoffe war dabei immer recht breit und reicht von Stählen, Aluminium- Titan und Magnesiumlegierungen, Nickel- und Kobaltbasislegierungen, Magnesium- und Aluminiumoxid bis hin zu Modellwerkstoffsystemen wie Gradienten- und Laminatwerkstoffe, Beschichtungen und Ionenkristallen.

Auch in der Lehre kann der Lehrstuhl auf eine lange Tradition zurückblicken. Im Wintersemester 1965/66 wurde mit „Werkstoffwissenschaften I“ von Prof. Ilschner die erste Vorlesung aus dem Bereich der Werkstoffwissenschaften angeboten. Von Anfang an sollte sich die Vorlesung von den andernorts etablierten Vorlesungen aus dem Bereich Metallphysik abheben, mit einer Ausrichtung, die die enge Verflechtung von Naturwissenschaften und Technik vermittelt. Der Hörerkreis umfasste Studenten der Physik und der Mineralogie. Im WS 1966/67 wurde das Angebot durch die Vorlesung „Physik der Werkstoffe“ ergänzt. Im Laufe der Zeit ist daraus die Vorlesung „Werkstoffe und ihre Struktur“ entstanden, die in der heutigen Form den Studierenden im 1. Fachsemester die werkstoffwissenschaftlichen Grundlagen vermittelt. Das Lehrangebot wurde im Laufe der Zeit immer breiter gefächert und es entstanden viele Spezialvorlesungen, wie zum Beispiel die Vorlesungen „Hochtemperaturwerkstoffe“, „Ermüdungsverhalten metallischer Werkstoffe“, „intermetallische Legierungen“, „Härtungsmechanismen“, „Tribologie und Oberflächentechnik“, „Mikro- und Nanomechanik“ etc.

„Wissen was die Welt im Innersten zusammenhält“, dieses grundlegende Motto übertragen auf die Werkstoffforschung hat die Forschungsausrichtung und Lehrinhalte des Lehrstuhls über nun nahezu 50 Jahre geprägt. Wir sind überzeugt, damit auch in Zukunft sehr erfolgreich zu sein.

Zum WS 1967/68 wurden die ersten Studierenden der Fachrichtung „Werkstoffwissenschaften“ begrüßt. Mittlerweile wurde der Studiengang umbenannt in „Materialwissenschaften und Werkstofftechnik“ und im Jahre 2008 ergänzt durch einen neuen Studiengang „Nanotechnologie“. Dieser neue Studiengang mit einer etwas stärkeren naturwissenschaftlichen Ausrichtung wurde unter der Federführung von Prof. Göken konzipiert und hat sich inzwischen bestens etabliert. Derzeitig beginnen im Schnitt knapp 100 Studierende in jeweils beiden Studiengängen des Departments ein Studium. Bereits seit dem Jahr 2005 gibt es den mit dem Chemie- und Bioingenieurwesen gemeinsam getragenen internationalen Elitestudiengang Advanced Materials and Processes, MAP. Dieser reine Masterstudiengang ist sehr stark international geprägt mit momentan jeweils ca. 30 Studienanfängern aus allen Teilen der Welt. Außerdem ist der Lehrstuhl in den Studiengängen „Energietechnik“ und „Medizintechnik“ beteiligt und trägt zur Grundlagenvermittlung in den Fachbereichen Maschinenbau und Chemie- und Bioingenieurwesen bei.

Assistenten und Doktoranden wurden zu Beginn „fachfremd“ rekrutiert. Sie kamen mit Ilschner aus Göttingen, wurden aus den Naturwissenschaften abgeworben oder etwa aus Clausthal angelockt. Da das Fach in der deutschen Hochschullandschaft neu war wurden manchmal auch unkonventionelle Wege der Studierendenwerbung beschritten.

Bis heute hat der Lehrstuhl ca. 580 Absolventen mit Diplomingenieur-, Bachelor- oder Master-Abschluss betreut. Daneben wurden ca. 150 Doktorarbeiten und bislang 7 Habilitationen erfolgreich abgeschlossen.

Die hohe Qualität der Arbeiten am Lehrstuhl spiegelt sich auch in einer Vielzahl von Auszeichnungen wieder. So wurde der Lehrstuhlgründer Prof. Ilschner, der auch als Rektor der FAU gewirkt hat, mit dem Bayerischer Verdienstorden und dem Bayerischen Maximiliansorden ausgezeichnet und ist auch Ehrendoktor unserer Fakultät. Prof.Dr. H. Mughrabi hat u.a. 2006 den Hsun-Lee-Lecture Award und 2010 den Cook-Albett-Award der IOM³ (siehe Bild) erhalten. Er ist außerdem Ehrendoktor der Universität Bochum. Eine besondere Rolle spielen für unsere Wissenschaftler die Auszeichnungen durch die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde, DGM. So waren im Jahr 2009 gleichzeitig 5 Masing-Preisträger (siehe Bild) am Lehrstuhl tätig. Auch den DGM-Nachwuchspreis haben schon 8 WW1-ler erhalten. Die höchste Auszeichnung der DGM die Heyn-Denkmünze wurde bereits beiden bisherigen Lehrstuhlleitern zuteil, während Prof. Sockel 1998 mit der Tammann-Gedenkmünze ausgezeichnet wurde. Besonders stolz sind wir auch immer wieder auf die vielen Posterpreise die unseren jungen Wissenschaftlern in den letzten Jahren sehr häufig zuteil wurden.